Unsere Smartphones, Tablets und Computer sind schon lange nicht mehr wegzudenken. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie, haben unsere technischen Geräte jedoch einen noch höheren Stellenwert eingenommen. Meetings, Gespräche in der Kaffeeküche und sogar die Treffen mit Freunden und Familie, mussten in dieser Pandemie nicht gänzlich ausfallen, sondern wurden vor Bildschirmen abgehalten. Für viele wurde das Homeoffice zum Alltag, das Zoom-Meeting zum Standard und Whatsapp zum Hauptkommunikationskanal. Kaum vorstellbar, wie Social Distancing ohne digitale Medien aussehen würde. Und neben der Arbeit und dem Kontakt zu Familie und Freunden, bieten digitale Medien so viel mehr: Viele haben bestimmt bei sich selbst bemerkt, dass sie auch mehr gestreamt, gespielt oder halt – wie Mutti es sagen würde – gedaddelt haben.

Was soll man auch sonst den ganzen Tag Zuhause mit seiner Freizeit anfangen? Die Nutzung digitaler Medien hilft gegen Langeweile.


Spaß und Mehrwert oder Ablenkung und Flucht?

Manchmal nutzen wir Medien jedoch auch, um uns von Sorgen und Problemen abzulenken oder um Gefühle von Einsamkeit oder Traurigkeit nicht aushalten zu müssen. In der Corona-Pandemie nehmen diese negativen Gefühle zu. Diverse Studien geben Hinweise auf einen Anstieg der psychischen Belastungen durch Corona. Soziale Isolation, Arbeitsplatzunsicherheit und diffuse Ängste, in Bezug auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Covid-19, sind für viele Menschen herausfordernd. Die Folge können verstärkte Gefühle von Einsamkeit, Angst, Traurigkeit und einem Kontrollverlusterleben sein. Insbesondere aber, erleben Kinder und Jugendliche einen hohen psychischen Druck durch Schulschließungen, Kontakteinschränkungen und indirekt durch die Sorgen der Eltern. Dadurch wird die Flucht in die Medienwelt besonders attraktiv. 

 

Steigende Mediennutzung und erhöhte psychische Belastung – eine problematische Kombination

Die Verbindung aus einer erhöhten psychischen Belastung wie nun durch Corona und steigender Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen, macht klinische Psychologen hellhörig. Denn insbesondere im Kindes- und Jugendalter ist die Anfälligkeit für die Entwicklung eines riskanten Konsums oder einer Medienabhängigkeit hoch. 
Die besondere Vulnerabilität von Kindern und Jugendlichen für Mediensüchte liegt daran, dass ihre Fähigkeit zur Emotionsregulation, d.h. die Fähigkeit auf die eigenen Gefühle – z.B. durch Selbstberuhigung – angemessen reagieren zu können, noch nicht voll entwickelt ist. Hierdurch werden mediale Angebote, wie Gaming oder Social Media besonders attraktiv, denn sie helfen dabei, sich von negativen Gefühlen abzulenken. Denn diese Angebote sind bewusst so konzipiert, dass unser Körper immer wieder Dopamin und körpereigene Opiate freisetzt, sodass wir uns kurzzeitig besser fühlen.

Doch wenn sich dieser Umgang mit negativen Gefühlen als Muster festigt, weil keine alternativen Strategien bei Einsamkeit, Frustration oder Traurigkeit zur Verfügung stehen, entwickelt sich häufig ein Abhängigkeitsgefühl. Dann fällt es plötzlich schwer, weniger Zeit am Computer, Smartphone oder Tablet zu verbringen, selbst wenn schon negative Auswirkungen auf die schulischen Leistungen, Freundschaften oder den Familienfrieden bemerkt wurden. Doch hat Corona wirklich einen Einfluss auf die Entstehung von Mediensüchten?


Studienergebnisse zeigen starken Zuwachs der Mediennutzung während der Corona-Pandemie

Die erste bundesweite Studie mit Hinweisen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Mediennutzungsverhalten von Computerspielen und Social Media, liefert eine Studie der DAK-Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), unter der Leitung von Professor Rainer Thomasius.

Die DAK-Gesundheit beschreibt die ersten Zwischenergebnisse der längsschnittlichen Untersuchung als „alarmierend“. Im Vergleich zum Herbst des Vorjahres, sind während des Corona-Lockdown die Spielzeiten werktags um bis zu 75% gestiegen. Die Nutzung von Social Media stieg werktags um 66% an. Dieser Anstieg wird als besonders beunruhigend bewertet, da die Nutzungszeiten der Kinder und Jugendlichen die größte Vorhersagekraft für ein problematisches oder pathologisches Nutzungsverhalten haben. Dabei geben nur die Hälfte aller Eltern an, zeitliche Regeln für die Mediennutzung vorzugeben. Die andere Hälfte der Eltern legte sowohl vor, als auch während der Lockdowns keine zeitlichen Begrenzungen für das Zocken und Surfen der Kinder und Jugendlichen fest. Die Erhebung zeigte außerdem, dass bei fast 700.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland das Gamingverhalten bereits als riskant oder pathologisch zu bewerten ist. Die Social Media Nutzung ist bei ca. 170.000 Kindern und Jugendlichen pathologisch.
Als auffällig bewerteten die Forschenden auch, dass etwa ein Drittel der befragten Mädchen und Jungen angab, Medien zu nutzen um der Realität zu entfliehen oder Stress abzubauen. Als häufigste Nutzungsmotive wurden die Bekämpfung von Langeweile und der soziale Kontakt zu Freunden genannt. 

Andreas Storm, der Vorstandschef der DAK-Gesundheit, stellt daher fest: „Die Corona-Krise kann die Situation zusätzlich verschärfen. Es gibt erste Warnsignale, dass sich die Computerspielsucht durch die Pandemie ausweiten könnte.“ Als Reaktion auf die Ergebnisse, initiiert die DAK-Gesundheit ein Mediensuchtscreening zur Früherkennung, um bei riskantem Nutzungsverhalten frühzeitig einschreiten zu können. 

 

Glücksspielsucht und Kaufsucht: Wie steht es um die „klassischen“ Verhaltenssüchte?

Auch im Bereich der Glücks- und Wettspielsucht gibt es erste Warnsignale. Seit dem Corona-Lockdown sind die Zugriffszahlen auf Onlinecasinos stark angestiegen. Grund für den Anstieg könnte eine Verlagerung der Offline-Spielaktivitäten aus beispielsweise Spielhallen und Casinos, in den Onlineraum sein. Aufgrund der Schließungen von Spielstätten, ist das Internet nun häufig die einzige Option, um sein Glück herauszufordern. Experten sehen darin jedoch auch Risiken. Während im Offlinebereich klare Regeln ein Mindestmaß an Spielerschutz wie z.B. Altersbeschränkungen und Einsatz-Obergrenzen gewähren, ist der Onlineraum zumeist völlig unreglementiert. Der Grund hierfür ist einfach: Onlineglücksspiel ist in Deutschland illegal (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein). Die Betreiber der Onlinecasinos haben daher einfachheitshalber ihren Firmensitz in Ländern wie Zypern oder Malta, sodass keine Strafverfolgung und damit auch keine griffige Reglementierung der Angebote möglich ist. 

Für vormalige Offlinespieler, die nun die Spielhalle gegen Onlinecasinos tauschen bedeutet das jedoch, nun auch erstmalig ohne Maßnahmen zum Spielerschutz zu zocken. Unbegrenzt hohe Einsätze, „digitales Geld“ und endlose Spielzeiten. Das Internet kennt keine Öffnungszeiten. 

Die ständige Verfügbarkeit ist einer der drei Hauptgründe, warum der Onlineraum scheinbar den idealen Nährboden für Abhängigkeitserkrankungen bietet. Hinzu kommen die Anonymität im Onlineraum und die oft kostenlose oder kostengünstige Nutzbarkeit der Angebote. Schon seit Jahren ist zu beobachten, dass sich die Glücks-und Wettspielsucht, aber auch die Kaufsucht sukzessive in den Onlineraum verschieben. Immer mehr Suchtbetroffene spielen oder kaufen nun online. 
Online muss niemand Gefahr laufen, beim Betreten oder Verlassen der Spielothek gesehen zu werden und es tuschelt auch niemand über zahlreiche Einkaufstaschen, die nach Hause getragen werden. Der nächste Kauf, der nächste Kick, sind immer nur ein paar Klicks weit entfernt. 

Dass viele Menschen diese Vorzüge des Onlineraums ausgerechnet während des Corona-Lockdowns – einer emotional herausfordernden Zeit – kennenlernen, könnte dazu führen, dass die Verschiebung der „klassischen“ Verhaltenssüchte (Kaufsucht und Glücks- und Wettspielsucht) in den Onlineraum beschleunigt wird.

Wahrscheinlich werden einige in den virtuellen Hallen der Onlinecasinos und Shopppingmalls bleiben, auch wenn die Läden auf den Straßen wieder geöffnet haben. 


Covid-19 und Pornografiesucht

Zwar weniger Zugangsschwierigkeiten, dafür jedoch andere Herausforderungen, erlebten diejenigen, die weniger mit dem Kaufen oder Spielen zu kämpfen haben, als mit dem Pornografiekonsum. Dadurch, dass mehr Zeit Zuhause verbracht wurde, erlebten einige einen kurzzeitigen aber starken Anstieg ihres Pornokonsums, wie in Foren berichtet wird.

Die Zugriffszahlen auf Pornoseiten stiegen zu Beginn der Corona-Pandemie massiv an. Neben vermehrter Langeweile und mehr Zeit allein, könnte auch die Regulierung von negativen Emotionen durch Pornos hierbei eine Rolle gespielt haben. Insbesondere Personen, die vor Beginn des Lockdowns bereits ein riskantes Nutzungsverhalten gezeigt haben, könnten dadurch Gefahr laufen in ein pathologisches Verhalten zu geraten.

Leider gibt es bisher keine Studien, die die Auswirkungen von Corona auf die Pornosucht untersuchen. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Corona-Pandemie auch hier wie „Öl ins Feuer der Mediensüchte“ wirkt. 

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